VORWORT
Jochen Rindt war ein Weltenbürger: Geboren nicht in Graz, aufgewachsen hier in Graz, grossgeworden in Graz, berühmt geworden in der Welt und dann nach seinem Tod in Monza begraben in seiner Heimatstadt Graz. Sein Begräbnis am Zentralfriedhof war eines der bedeutendsten Ereignisse der Grazer Nachkriegsgeschichte, weil es eine der wichtigsten Begegnungen der Stadt Graz mit der Welt war. An diesem Tag wurde ein Mythos begraben, ein Mythos, begründet durch die singuläre Persönlichkeit Jochen Rindts und überhöht durch seinen Heldentod in Monza. Deshalb eröffnen wir sehr bewusst „Jochen Rindt Memorial“ am 1. November, dem Tag aller Heiligen.
Die „WELTENbürgerInnen“-Ausstellung verfolgt das – wie jeder Mythos – Unbegreifbare, das Faszinierende von Jochen Rindt in dokumentarischer und in künstlerischer Form, weil Kunst sich einem Rätsel am spürbarsten nähern kann. Dem Künstler und Kurator Joachim Baur ist es zu danken, dass dieses Memorial nun diese würdige Form hat. Baur beherrscht wie wenige die wichtigste Kulturtechnik der Jetztzeit: das Übersetzen zwischen Wissens- und Kulturgebieten, zwischen Kunst und Leben im Zeitalter unserer eigenen technischen Reproduzierbarkeit. Ihm und seiner Werkstadt Graz großer Dank, aber auch Annette Rainer und Annette Kravanja für ihre Umsicht, Geduld und Einfühlungsgabe in die Eigentümlichkeiten des künstlerischen Prozesses, der dieses Memorial hervorgebracht hat. Dank auch den vielen Leihgebern und unbemerkten „helping hands“, wie Sibylle Dienesch, die erst die organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen dafür geschaffen hat.
Otto Hochreiter
JOCHEN RINDT MEMORIAL
Auf Einladung des ’stadtmuseumgraz‘ durch Direktor Dr. Otto Hochreiter erarbeitet die WERKSTADT GRAZ im Rahmen der Reihe WELTENbürgerInnen ein Ausstellungs- und Medienprojekt zum berühmten Jochen Rindt. Wir haben ein über das ’stadtmuseumgraz‘ hinausreichendes JOCHEN RINDT MEMORIAL errichtet, das in einer Art „quantenmethodischer Arbeitsweise“ in unterschiedlichen Bedeutungen, Medien und Sinnzusammenhängen „Elementarteilchen“ miteinander verbindet.
Die Schaffung einer Struktur und die Wechselwirkung dieser einzelnen Teile waren dabei von außerordentlicher Bedeutung. Mit dem alchemistischen Anspruch von einer sich selbst überwindenden Natur sind wir auf schwere Elemente, auf Flüssigkeiten und Kristalle, auf Empfindungen und Gefühle, auf Bewusstsein, auf Mythen, auf wissenschaftliche Theorien und Kunstwerke gestoßen, die uns die Bedeutung eines Memorials und die wesentliche Definition von Kreativität erklärten.
Das Phänomen Jochen Rindt ermöglicht uns daher eine Überwindung von scheinbar voneinander getrennten Bereichen. Jochen Rindt durchbricht als „Popstar“ Grenzen der Medien und etabliert seine eigene „Marke“. Die Grenze zwischen Arbeit und Leben verwischt sich im Leben von Jochen Rindt und bietet uns 37 Jahre nach seinem Tod immer noch eine solide Basis einer faszinierenden Darstellung im Zeitalter einer komplexen Mediengesellschaft. Das Phänomen Jochen Rindt ist daher auch ein kulturübersteigendes Zivilisationsphänomen.
In seinem hohen Anspruch an sich selbst überwindet er den Sportbereich und findet sich mit dem Popstar Andy Warhol auf einer Ebene: „Na, wie das so ist, auf der einen Seite war es wunderbar, und auf der anderen Seite war es wirklich schlecht …“, Jochen Rindt über die Verschmelzung des Rennfahrers mit dem Rennwagen.
„Ich würde gerne eine Maschine sein“, dokumentiert Andy Warhol das neue ästhetische Empfinden der Pop-Art.
In seiner letzten Sendung aus der legendären Radioreihe „Schalldämpfer“ spricht Axel Corti wenige Tage vor seinem Tod am 26.Dezember 1993 die Worte:
„Wir wissen es ja oft nicht, die wir im Schweren sind bis über die Knie, bis an die Brust, bis ans Kinn”, sagt Rainer Maria Rilke. “Aber sind wir denn im Leichten froh, sind wir nicht fast verlegen im Leichten? Unser Herz ist tief, aber wenn wir nicht hineingedrückt werden, gehen wir nie bis auf den Grund. Und doch, man muss auf dem Grund gewesen sein. Darum handelt sich’s.“
Dieses erfolgreiche Forschungsprojekt bewirkte die Gründung des mit elektronischen Bausteinen errichteten JOCHEN-RINDT-MUSEUMs (http://www.jochen-rindt-museum.org) und ermöglicht es Ihnen, an der Errichtung dieses Museums mitzuwirken.
Joachim Baur, 2007
KURZBIOGRAFIE VON JOCHEN RINDT
Karl-Jochen Rindt, Sohn von Karl Rindt und Ilse Martinowitz, wurde am 18. April 1942 in Mainz geboren. Seine Eltern, Besitzer der Gewürzmühle „Klein&Rindt“ in Mainz, starben 1943 bei einem Bombenangriff der Alliierten in Hamburg. Danach wuchs er bei seinen Großeltern mütterlicherseits in Graz auf. Seine Kindheit und Jugend verbrachte Jochen Rindt großteils in der Steiermark. Seine höhere Schulausbildung hatte folgende Stationen: Pestalozzi-Gymnasium in Graz; Privatgymnasium Dr. Höttl in Bad Aussee und Matura in Steinach (1961). Der Inskription an der Hochschule für Welthandel in Wien folgten keine ernsthaften Studientätigkeiten. 1963 bis 1966 war Jochen Rindt Geschäftsführer der Firma Klein&Rindt. 1967 heiratete er das finnische Model Nina Lincoln; 1968 kam seine Tochter Natascha auf die Welt.
Jochen Rindt erwarb sich 1960 den Führerschein (Führerschein B). Seine ersten Rennen bestritt er auf Privatautos: 1963 kaufte er mit seinem Privatvermögen einen Cooper-Formel-Junior und 1964 einen Brabham-Formel-2-Rennwagen.
1964 nahm er erstmals an einem F-1-Rennen teil. Ein Meilenstein in seiner Karriere war das 24-Stunden-Rennen von Le Mans (1965), welches er gemeinsam mit Masten Gregory gewann.
1965 wurde Rindt von John Cooper engagiert. 1965 fand erstmals die sogenannte Jochen-Rindt-Show im Wiener Messepalast statt, die jährlich von ihm organisiert wurde. – Nach Jochen Rindts Tod führte seine Frau Nina die Show bis 1975 in Wien weiter. Bei der Show wurden Rennautos aus aller Welt ausgestellt und Rennfahrer traten als Stargäste auf (u. a. Jack Brabham, Graham Hill, Jackie Stewart).
1968 wechselte er zum Formel-1-Team von Jack Brabham. Eine höhere Gage bewog ihn, 1969 zu Colin Chapman (Lotus) zu wechseln. Beim Unfall im Grand Prix von Spanien in Barcelona 1969 erlitt Jochen Rindt einen Nasenbeinbruch und eine Gehirnerschütterung. Laut Medienberichten dachte er danach an das Beenden seiner Motorsportkarriere.
Beim Abschlusstraining zum Grand Prix von Italien in Monza (5. September 1970) verunglückte Jochen Rindt tödlich. Das Begräbnis fand eine Woche später unter Teilnahme zahlreicher Persönlichkeiten am Grazer Zentralfriedhof statt. Der Weltmeistertitel wurde ihm posthum verliehen.
Diese Kurzbiografie enthält nur Daten, die mehrfach verifiziert werden konnten. Die Ausgangslage für Recherchen wird erschwert durch die Datenschutzsperre (50 Jahre ab dem Todesdatum der jeweiligen Person) in Archiven.
Annette Kravanja
AUF DER STRECKE GEBLIEBEN…
oder: Was verbindet Jochen Rindt mit Prinzessin Diana?
Der Tod stellt in Frage und hinterlässt Fragen. Er ist der große Infragesteller schlechthin, der Inbegriff aller Philosophie als Lehrmeister des Lebens.
„Das Leben verrinnt, während wir zaudern“, schrieb der griechische Philosoph Epikur (*341 v. Chr.), „und jeder von uns stirbt mitten aus rastloser Tätigkeit heraus“. Seine Schüler versuchte er angesichts dieser Unausweichlichkeit zu trösten: „Das schauerlichste Übel, der Tod, geht uns nichts an. Denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr. Er geht also weder die Lebenden an noch die Toten; denn die einen berührt er nicht und die anderen existieren nicht mehr.“ (Epikur, Von der Überwindung der Furcht)
Auf ein anderes „Ausweichmanöver“ hat Sigmund Freud hingewiesen:
Wir alle wüssten zwar, sagt Freud, dass wir sterben müssen, aber weil bisher immer nur die Anderen gestorben sind, halten sich die Lebenden im Grunde für unsterblich und gebärden sich in der Gestaltung ihrer kleinen Welt auch so. Unzählige Beispiele „maskierter Bearbeitung“ des Todesproblems finden wir dort, wo man sich den Tod besonders gefinkelt vom Leib zu halten trachtet: Man setzt sich zum Heurigen und trinkt mit ihm Bruderschaft! Auch mag es wichtig sein, dass man einen kennt, der einen kennt, z.B. „einen Anwalt, der was kann halt“, so wird auch der Tod zum „Freunderl“, mit dem man auf Schritt und Tritt „per Du“ ist und die Angst davor in paradox-intentionaler Furchtlosigkeit zelebriert, wie z.B. in einem Wiener Vorstadtgedicht:
i füme sauwoe – du füsde sauwoe –
ea füdse sauwoe
mia fünse sauwoe – ia füdseich sauwoe – se fünsechs sauwoe
wauns augsoffn san
i hobme – du hosde – ea hodse
mia homse – ia hobdseich – se homsech – sauwoe gfüd
und don sans – hamgfoan – middn en da nochd
tatü tatü tatü – husch husch – unddas boggbabia
(aus: josef mayer-limberg, “von de hausmasta und de möada.” gedichta aus oddagring, verlag styria, 2. Auflage 1989, S. 57, ISBN 3 222 11888 4)
Ein russisches Sprichwort sagt:
„Was fürchtest du den Tod, Väterchen? Es hat noch keiner erlebt, dass er gestorben ist.“
Mark Twain macht sich Gedanken über den Sinn einer Friedhofsmauer:
„Die, die draußen sind, wollen nicht hinein, die die drinnen sind, können nicht mehr heraus. Wozu also eine Mauer?“
Die These von der todesverdrängenden Gesellschaft wird aber auch bestritten. Obwohl der Tod sich täglich in unserer Nähe ereignet, braucht er atemberaubende Umstände und spektakuläre Opfer, um uns noch zu erreichen. Geoffrey Gorer nannte dieses Phänomen bereits Ende der Fünfzigerjahre des vorigen Jahrhunderts die „Pornographie des Todes“. Nur solche Todesfälle haben noch eine Chance, öffentlich Aufsehen zu erregen, die eine Sensation darstellen und in die Langeweile der Nachrichtenlandschaft Abwechslung bringen. Reinhard Fendrich hat diese pornographische Komponente in seinem Lied „Es lebe der Sport“ besungen.: „Weltcupabfahrtsläufe mochn eahm a bissl müd, weil er ist abgebrüht, wenn ihn dabei irgendwos erregt, donn nur, wenn’s einen ordentlich zerlegt. Ein Sturz bei 120 km/h entlockt ihm ein erfreutes Hoppala und liegt ein Körper regungslos im Schnee schmeckt erst so richtig der Kaffee… In seinem Color TV sieht er alles ganz genau.“
INFRAGESTELLER TOD
Seine Majestät, der Tod, bringt das Leben zur Strecke und hinterfragt es in gnadenloser Gründlichkeit. Gewissermaßen macht erst er das Leben ganz. In Frage gestellt ist dabei aber nicht nur das Leben. Auch das Netzwerk von Beziehungen erscheint schlagartig in einem anderen Licht. Darum ist die Rede vom Tod immer auch eine Rede von Beziehung. Und das bedeutet dann angesichts des Todes eines geliebten/gekannten/geschätzten Menschen: „Dein Tod stellt auch mich in Frage! Wer bin ich denn noch ohne dich?“ Vielleicht hat darin unser Verweilen an den Gräbern liebgewordener Menschen seinen innersten Sinn: Dass du von dort „den weg zum haus allein zurückgehen mußt“, wie das Reiner Kunze in einem seiner Gedichte beschreibt:
BITTGEDANKE, DIR ZU FÜSSEN
Stirb früher als ich, um ein weniges früher
Damit nicht du
den weg zum haus
allein zurückgehen mußt
(aus: Reiner Kunze, “eines jeden einziges leben.” gedichte, S. Fischer 1986, S. 64 ISBN 3-10-042010-1)
Arnold Mettnitzer
EHRE WEM EHRE (NICHT) GEBÜHRT
Jochen Rindt erhält ein Ehrengrab der Stadt Graz. So stand es am 23. Oktober 2007 in der Kleinen Zeitung. In der öffentlichen Meinung war die Grabstätte des am 5. September 1970 in Monza tödlich verunglückten und dann posthum zum Formel 1-Weltmeister erklärten Jochen Rind am Zentralfriedhof ohnehin immer ein Ehrengrab. Aber hatte Jochen Rindt oder hatte sein Grab deshalb bis jetzt weniger Ehre? Welche Ehre erhält Jochen Rindt oder sein Grab durch die Bezeichnung Ehrengrab. Was bedeutet überhaupt Ehre und kann Ehre auch ein Grab erhalten?
Ehre bedeutet Achtung oder Respekt gegenüber einer Person. Eine Grabstätte drückt diese Achtung gegenüber der darin begrabenen Person aus. Wenn aber schon die Grabstätte als solche die Achtung und den Respekt vor der darin begrabenen Person ausdrückt, was kann dann ein Ehrengrab noch an zusätzlicher Achtung und Respekt liefern? Die für den Friedhof zuständige Gemeinde übernimmt die Kosten der Erhaltung des Grabes. Das macht das „normale“ Grab zum Ehrengrab.
Und wie ist es mit dem Ehrenbürger? Was für die Toten das Ehrengrab ist für die Lebenden die Ehrenbürgerschaft. Auch diese vergibt die Gemeinde. Als ob nicht jeder Mensch auch ohne Beschluss des zuständigen Gemeinderates oder Stadtsenates seine Ehre und Bürgerschaft hätte? Ist es nicht eine Anmaßung die jedem Menschen zustehende Achtung erst ausdrücklich zu verleihen? Und überhaupt Ehre? Im Zusammenhang mit Treue ist sie nach dem Verbotsgesetz von 1947 in Österreich verboten.
Andreas Maislinger
SICH SELBST ERFÜLLENDE HOFFNUNG: EWIGKEITSMOTOREN
Es steht geschrieben, Jochen Rindt genieße noch immer eine Verehrung wie vor 40 Jahren. Damit diese Behauptung nicht als Medienmache, als popige Nekrophilie und Bravo-Ruf aus dem Teeniezimmer abgetan werden kann, sollten wir alles daran setzen, die Behauptung, Jochen Rindt lebt, zu bestätigen – und das um so nachdrücklicher, als die Mühen für das Fortleben der Toten in jeder Kultur aller Zeiten als die vornehmste Verwirklichung des Menschseins gelten.
Wir rufen auf zur Entwicklung eines Monuments für den Beweis der dauerhaften Anwesenheit Jochen Rindts im Stadtraum von Graz!
Als beispielhaft für ein derartiges Monument erwähne ich die Installation einer sich selbst erfüllenden Verheißung des ewigen Lebens: vor einer in den Boden gelegten Schrifttafel, auf der nach Art von Grabbeschriftungen mitgeteilt wird, Herr XXL habe den tiefsten Eindruck auf dieser Welt mit seinen Füßen hinterlassen, ist ebenfalls in den Boden eingelassen ein Sandfeld von 50 x 50 cm. Wer mit beiden Füßen in die Sandfläche tritt und dort die entsprechenden Abdrücke hinterlässt, erfüllt die Behauptung der Schrifttafel. Derartige Vorrichtungen zur Begründung der Hoffnung, dass ewiges Leben als Leben der Lebendigen gelingt, könnte man als Gottesmaschine etablieren. Das wäre ein wahrhaftes Auto-Mobil, also der bewegte Beweger: Jochen Rindt auf der zirkulären Rennstrecke des Lebens, ‚via sacra‘ hin und ‚via profana‘ zurück. Wer es besser wissen will:
Robert Musil „Mann ohne Eigenschaften“ Kapitel „Heilige Gespräche“ – Ulrich klassifiziert die Pilgerwege nach ihrer Eignung für das Befahren mit Kompressormaschinen. Und Ulrich ist der österreichische Johannes des Weltdurchschnellenden Jochen Rindt.
In den 60er Jahren pflanzte mir die Frankfurter Universitätsbuchhändlerin Melusine Huss die sich selbst erfüllende Italophilie ins Gemüth. Als derart veredelt las ich meine großen Vorgänger von Gregorovius über Burckhardt bis zu Peterich und Gustav Farber mit dem uneingeschränkten Willen, alles dranzusetzen, damit sich erfülle, was bei ihnen geschrieben steht. Geschrieben stand, es würden bis auf den heutigen Tag in der Kathedrale von Palermo am Sarkophag des stupor mundi Federico Secondo von Menschen unterschiedlichster Herkünfte und Zugehörigkeiten Blumen und andere Zeugnisse der Verehrung niedergelegt. Also machte ich mich schleunigst auf, diese Behauptung durch meine Verehrungsgaben zu belegen (siehe: Bazon Brock: Ästhetik als Vermittlung, S. 1023).
Bazon Brock
JOSEF KLAMMER „KITSUKA“
Eine Komposition von Josef Klammer im Auftrag der AVL List GmbH Graz / Austria aus den Klangbeispielen der Vortragenden bei der SOUND ENGENEERING CONFERNCE der AVL Graz/Austria 1999.
Der melodische und rhythmische Ablauf dieser Komposition beruht auf dem Prinzip „cut-copy-paste“. Durch diese Prozesse ändert sich das Ausgangsmaterial vom objektiven Klangbeispiel hin zum subjektiven Musikstück. Die objektive Qualität der einzelnen Vortrags-Beispiele war mir nicht bekannt, die subjektive Qualität konnte ich hören, hatte aber keinen Einfluß auf die Entstehung der Klangreihen.
Bei einem imaginären Metrum von 60 bps habe ich 4-tel, 8-tel, 16-tel sowie triolische Segmente entnommen, und nach einer genau bestimmten chronologischen Reihenfolge neu geordnet. Dabei definieren die unterschiedlichen Drehzahlen, Auto- und Motortypen die Tonhöhen, die Timbres, den Rhythmus und auch die Akzente dieser Klangreihen.
KITSUKA wurde durch Aneinanderfügen und Überlagerung solcher Reihen im „Digitalen Bad“¹ endgefertigt.
Verwendete Materialien: Segmente aus Klangbeispielen der Vortragenden bei der SOUND ENGENEERING CONFERNCE der AVL Graz / Austria. Zusätzlich verwendete Klänge: Blinker von 4 verschiedenen Autotypen, Akustik-Labor, Fa. AVL Graz/Austria.
¹ aus dem Katalog „ADA-Analogue Drumming“, Josef Klammer 1995, WERKSTADT GRAZ / Landesmuseum Ferdinandeum Innsbruck
CD KITSUKA erschienen bei grazer etikett, LC 6185, Prod. Nr.: GEr 02
JOSEF TAUCHER
„DER STEIN, der JOCHEN RINDT beim Training zum GP von Frankreich am 4.7.1970 an der Wange verletzte“
Es wurden einige mineralogische Untersuchungen mit dem Gesteinsbruchstück angestellt. Der Stein misst ungefähr 5x3x2 cm und erscheint abgegriffen dunkelgrau bis schwarz. Makroskopisch sind an einer Stelle eine Ansammlung lichtgrüner Olivinkörner von rund 2 cm Durchmesser sowie kleine glasige Körner im Gestein, die ebenfalls Olivin sind, zu erkennen.
Um einen ungefähren Überblick über den Mineralbestand zu bekommen, wurde ein Pulverpräparat des Gesteins hergestellt und eine Röntgendiffraktometeraufnahme angefertigt. Es konnten neben Olivin ein Klinopyroxen (sehr wahrscheinlich Augit) sowie Nephelin, Analcim und ein Chloritmineral festgestellt werden.
Auffallend ist das Fehlen von Feldspäten (Plagioklas), die durch die Feldspatvertreter Nephelin und Analcim ersetzt werden. Das Chloritmineral zeigt bei 14 Å und 7 Å im Diffraktogramm als Schichtsilikat scharfe Peaks, diese sind somit kein Tonmineral.
Dieser festgestellte Mineralbestand weist auf das Vorliegen von Nephelinit hin. Eine passable geologische Karte des Bereiches um Clermont-Ferrand zeigt, dass der Großteil der Rennstrecke im Basement (Plutonite, Metamorphite usw.) liegt. Inmitten des Kurses der Rennstrecke sind ältere, Si-arme Vulkanite ausgewiesen. Der NE Teil (große Kurve) liegt im miozänen relativ Si-reichen Vulkanismus, in dem auch mehrere Steinbrüche angelegt sind. Südlich davon quert die Rennstrecke ein kurzes Stück junge plio-/pleistozäne Si-arme Vulkanite, die auch im Westen und Nordwesten der Ortschaft Clermont-Ferrand reichlich auftreten.
Das hier untersuchte Gesteinsstück dürfte aus diesem Bereich stammen. Es ist auch anzunehmen, dass bei Bau oder bei Umbauarbeiten der Strecke Material aus der unmittelbaren Umgebung verwendet wurde.
Dank:
Ich bedanke mich bei K. STÜWE, Institut für Geowissenschaften der Karl-Franzens Universität Graz, sowie bei H.-P. BOJAR und B. MOSER vom Landesmuseum Joanneum in Graz.
Graz, am 24. Oktober 2007