URSULA NEUGEBAUER
Eröffnung: 8. Juni 2011, 19 Uhr
Galerie Grazy, hofseitig
Auf dem vierhundert Jahre alten französischen Küchentisch der Künstlerin liegen Wachstafeln mit eingelagerten, schwarzweißen Fotografien, folgender Personen: Heinrich von Kleist (1777-1811), Franz Kafka (1883-1924), Albert Camus (1913-1960), Sophie Scholl (1921-1943), Juri Gargarin (1934-1968), Pina Bausch (1940-2009), Jacqueline du Pré (1945-1987) und Mohammed Ata (1968-2001). Die Fotografien stellen die Gesichtszüge der Personen scharf heraus, das weiche Wachs lässt sie sanft verschwimmen. Vergessen und Vergegenwärtigen halten sich im gewählten Material die Waage. Letztlich vollendet der Betrachter das Werk. An ihm liegt es, sich vorzustellen, was sich die Personen wohl zu erzählen haben: Der Dichter und Selbstmörder Heinrich von Kleist, begeisterter Kant-Leser, Franz Kafka und Albert Camus, die sich einig waren in ihrer Meinung über die absurde Verfasstheit der Welt, aber grundverschieden in der Art, darauf zu reagieren, die deutsche Tanztheaterrevolutionärin Pina Bausch und die britische Cellistin Jacqueline du Pré, deren musikalischem Ingenium zu Ehren man die Stradivari, auf der sie spielte, heute Du Pré-Stradivari nennt, die Widerstandskämpferin gegen den Terror des Nationalsozialismus Sophie Scholl und der Terrorist Mohammed Atta, der am 11. September 2001 ein entführtes Flugzeug in den Nordturm des New Yorker World Trade Center lenkte und zuvor in Hamburg eine erfolgreiche Diplomarbeit über menschenfreundliche, sanfte Sanierung im Städtebau geschrieben hatte. (Michael Stoeber)
Am 7. Juni fand in der Werkstadt Graz ein Gespräch statt, das an diesem Tisch geführt und aufgezeichnet wurde und in der Ausstellung als Film zu sehen ist.
Die Gäste: Irene Berkel, Hajo Eickhoff, Ulrike Königshofer, Elisabeth List, Dittmar Machule und Michael Stoeber.