Werkstadt Graz

CEMS

Michael Endlicher/Cynthia Schwertsik

Performance und Display: WIDER DAS ZUCKERMONOPOL

Donnerstag, 2. Juli 2015, 19 Uhr

WERKSTADT GRAZ / GRAZ KUNST, Sporgasse 20, 8010 Graz

 

Die Interventionen des Duos CEMS (Michael Endlicher/Cynthia Schwertsik) basieren auf einem Kanon neugedachter Kunstrichtungen, die je nach örtlicher und kontextueller Gegebenheit in performative Akte und bildnerische Artefakte übersetzt werden. Ausgangspunkt ist das von CEMS entwickelte Glossar Definitiv: Kunst! Von Arcadientia bis Zöllitrophismus, das von den beiden seit 2011 laufend erweitert wird:

WIDER DAS ZUCKERBERGMONOPOL

Im Zentrum der 5. Aktion in der Werkstadt Graz steht der Begriff Nr. 2, Butohphottie:

„Die holistische Performancepraxis im Geiste eines westlich unterwanderten Butoh zielt auf das Equilibrium von Körper, Geist und Energie. Im perfomativen Akt wird exakt jene Menge an Nahrung zugeführt, die der Körper während der intensiven Bewegung verliert; Energiehaushalt und Eigengewicht bleiben konstant. Als dauerhaftes Memento des komplexen Spiels repräsentieren einfache, ausbalancierte Materialien das zugrundeliegende Eigengewicht der Darsteller.“

Das theoretische Konzept wird skulptural und performativ in die Praxis transferiert und dabei für die spezifische Raumsituation der Werkstadt Graz adaptiert. Zwei Skulpturen aus Würfelzucker stehen für die beiden CEMS-Körper. Suggeriert wird, dass die gespeicherte Energie der beiden „Nahrungskörper“ mit jener der beiden Künstlerkörper korreliert – um nicht zu sagen, ident ist; es bestünde somit ein verschränktes Equilibrium aus „toter“ und lebender Energie.

Vor der Galerie in der Sporgasse sind die Besucher (und Passanten) eingeladen, sich kleine Gegenstände, die man bei sich trägt (Autoschlüssel, Eheringe, Kreditkarten …) in Zucker aufwiegen zu lassen. Umgewandelt kann alles werden, sofern es auf die bereitgestellte Apothekerwaage passt. Daneben haben CEMS einen Haufen Zuckerwürfel – den Zuckerberg – aufgeschüttet, von dem sie die Würfel nehmen, auf die Waage legen, bis eben jeweils ein Gleichgewicht erreicht ist. Diese Anzahl an Zuckerwürfel können die Besitzer nun mitnehmen; die energetische Entsprechung ihrer Herzensdinge wird von CEMS mit Signatur und Stempel – gegen eine geringe Schutzgebühr (€ 10,00) – offiziell bestätigt.

Die Aktion soll einmal mehr die immer wieder von CEMS angestrebte Bedeutungsverschiebung der KünstlerInnenrolle symbolisieren: vom reinen Gestalter zum publikumsaffinen Katalysator. Und der Zuckerberg wird selbstverständlich abgebaut.

In den anderen Vitrinen sind weitere CEMS-Artefakte, die weitere Theoriekonstrukte illustrieren, ausgestellt: die neuen Theorieschlipse, Arcadientia-Skulpturen sowie Beispiele der bewährten Theorietapeten.

CEMS arbeiten sich ab an der Quadratur des Kreislaufs von Kunst machen, Kunst werten, Kunst vertreiben, Kunst neu machen. Die Auftürmung neugeborener Wortsysteme aus dem monolithischen Referenzsystem der Kunstgeschichte und -kritik reibt sich an street art und Performance. Im Sprechakt verschwimmen die hermetischen Wortwolken zur „akustischen Buchstabensuppe“ der Kunstgeschichte.

Die künstlerischen Aktivitäten von CEMS, oft vor und mit Publikum, präsentieren Definitionsprozesse in der bildenden Kunst als radikal subjektive Zuschreibungsverfahren, in dem die Bewertungen jeweils nach Kommen und Gehen der Standpunkte und künstlerischen Verfahren fließend durchmischt werden. Ergebnis: Eine Verortung des Kunstbegriffs in der Zeit (der Aktion).

Aktionen von CEMS

> 2011 im Museum unerhörter Dinge in Berlin

> 2011 im Wiener Künstlerhaus bei METAmART

> 2013 im MUSA Wien mit der Intervention ‚Referentieller Querverweis: Ich brauch Tapetenwechsel!‘

> 2015 im GPL SPACE IV, Wien, mit Running Theory Generation